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3 -Frühe Versorgung mit apparativen Hörhilfen

Frühe Versorgung mit apparativen Hörhilfen
Andrea Bohnert

stellt dar, welche Möglichkeiten der apparativen Versorgung es für junge Kinder gibt und was bei der Auswahl der Versorgungsart und der Handhabung der Technik zu beachten ist.

Einführung

Möglichkeiten und Grenzen der Versorgung frühkindlicher Hörstörungen sind nicht nur bestimmt durch den Zeitpunkt der Diagnose, sondern auch durch die Qualität der Versorgung. Für Kinder mit einem angeborenen bzw. früh erworbenen Hörschaden ist die Hörerfahrung in den ersten Lebensjahren von entscheidender Bedeutung. Sowohl die neurologischen Reifungsprozesse, die Entwicklung der Hörfähigkeit, als auch der Erwerb von Sprache sind davon abhängig. Innerhalb dieser sensiblen Phase der postnatalen Reifung des Gehörs ist daher eine normale Entwicklung nur durch eine ausreichende akustische Stimulation möglich. Verstreicht diese Phase ungenutzt, so hat dies schwerwiegende Folgen für die Hör-Sprachentwicklung der Kinder. Eine ganze Reihe von Studien (Robinshaw, 1995; Apuzzo und Yoshinaga-Itano, 1995) konnte zeigen, dass hochgradig schwerhörige Kinder, die vor Vollendung der ersten 6 Lebensmonate mit Hörgeräten versorgt werden und entsprechende Frühfördermaßnahmen erhalten, eine Sprachentwicklung durchlaufen können, die sich im unteren Bereich der Altersnorm bewegt. Ihr Spracherwerb liegt über dem später erkannter und versorgter Kinder (Yoshinaga-Itano, 2001).

Richard Seewald hat einmal gesagt: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“. Er meint damit, dass man audiologische Methoden, die für die Versorgung Erwachsener entwickelt wurden, nicht ohne weiteres bei Kindern einsetzen kann. Die Hörgeräte-Versorgung im Säuglings- und Kindesalter weicht in vielen Punkten erheblich von der Versorgung Erwachsener ab. Diese Besonderheiten müssen in jedem Fall berücksichtigt werden. Mittlerweile gibt es Methoden, die speziell für die Kinderversorgung entwickelt wurden und somit eine kindgerechte apparative Versorgung bereits innerhalb des ersten Lebenshalbjahres erlauben.

In den folgenden Kapiteln werden sowohl die Besonderheiten als auch die Handhabung der apparativen Versorgung (Hörgeräte-Versorgung, Versorgung mit einem Cochlea-Implantat, zusätzliche Versorgung mit einer FM-Anlage) für das Lebensalter 0 – 3 Jahre beschrieben. Die hier gegebenen Tipps und  Hinweise sollen Ihnen in Ihrem beruflichen Alltag dabei helfen, sicherer mit einem hörgeschädigten Kind umzugehen.

Kapitel I – Besonderheiten bei der Hörgeräteversorgung im Kindesalter

Lernziel

Dank des Neugeborenen-Hörscreening (NHS), dank verbesserter elektrophysiologischer Diagnostik-Verfahren und enormer Fortschritte in der Hörgeräte-Technologie konnten die Chancen schwerhöriger Kinder in den letzten Jahren deutlich verbessert werden. In dem folgenden Kapitel wird beschrieben, in welchen Punkten die Hörgeräte-Versorgung im Säuglings- und Kindesalter von der Versorgung Erwachsener abweicht und weshalb es so wichtig ist, speziell für Kinder entwickelte Verfahren einzusetzen.

Hörsituation

Die Hörsituationen im Säuglingsalter sind andere als im Erwachsenenalter. Säuglinge und Kleinkinder befinden sich bei Ansprache zumeist auf dem Arm, an der Brust oder auf dem Schoß der Mutter. Die Kinder liegen die meiste Zeit des Tages. Säuglinge verfügen noch über keinerlei Kopfkontrolle. Dies kann das rückkopplungsfreie Tragen von Hörgeräten sehr erschweren. Mit zunehmendem Alter verändern sich dann die Hörsituationen für die Kinder. Durch wachsende Mobilität entstehen immer häufiger wechselnde Hörsituationen. Steht während des ersten Lebensjahres also noch eine breitbandige Frequenzübertragung aus dem akustischen Nahbereich des Kindes im Vordergrund, so werden mit dem Laufen lernen schnell die Entfernungen zur Schallquelle größer. Mit zunehmender Erweiterung des kindlichen Aktionsradius verändern sich somit auch die Anforderungsprofile an die Hörgeräte.

Anatomische Bedingungen / Ohrpassstück

Die anatomischen Bedingungen beim Säugling und Kleinkind sind ebenfalls andere als beim Erwachsenen. Ohrmuschel und Gehörgang bestehen aus sehr nachgiebigem Gewebe. Der Gehörgang selbst ist kürzer und mehr gerade. Die Schallaufnahme erfolgt daher bei Säuglingen und Kleinkindern durch kleinere Gehörgänge, welche, anders als beim Erwachsenen, zu höheren Frequenzen hin verschobene Schalldrucktransformationen erzeugen. BILD 1 Durch diese besonderen anatomischen Bedingungen und die fehlende Kopfkontrolle ist das rückkopplungsfreie Tragen der Hörgeräte gerade in den ersten Lebensmonaten häufig erschwert. Die Hörgeräte pfeifen sehr häufig. Dies ist unangenehm für die Bezugspersonen des Kindes und je nach Schwerhörigkeitsgrad ggf. auch sehr unangenehm für das Kind selbst. Je hochgradiger die Schwerhörigkeit, umso schneller kommt es zu diesem Rückkopplungspfeifen.  Deshalb bedarf es größtmöglicher Erfahrung bei der Abdrucknahme und der Anfertigung der Otoplastik. Die Otoplastik  BILD 2, auch Ohrpassstück genannt, dient einerseits zur  Halterung und Befestigung des Hörgerätes am äußeren Ohr, in erster Linie jedoch zur akustischen Übertragung des verstärkten Signals vom Hörgerätehörer zum Trommelfell. Hierbei ist es wichtig, dass der Sitz der Otoplastik möglichst exakt ist, um eine hohe akustische Abdichtung zu gewährleisten und somit  Rückkopplungen zu vermieden. Eine weitere Aufgabe der Otoplastik kann die Verbesserung der akustischen Übertragungscharakteristik sein. Dies kann durch Zusatzbohrungen erreicht werden.

Die Anfertigung einer sog. „Müller-Kralle“ BILD 3 und Bild 4 kann dazu beitragen, das Rückkopplungsproblem beim Säugling besser zu  beherrschen. Bei weiterhin vorhandener Rückkopplung empfehlen sich eine Dichtigkeitsmessung und eine erneute Anfertigung der Otoplastik. Keinesfalls sollte deshalb die Verstärkung des Hörgerätes zurückgenommen werden. Dies würde zu einer Unterversorgung führen. Zur Herstellung der Otoplastik wird die Verwendung von Softmaterialien empfohlen, um die Verletzungsgefahr möglichst gering zu halten.

Außenohrübertragungsfunktion

Schon sehr früh, Anfang der 70er Jahre, haben Keller und Biesalski darauf aufmerksam gemacht, dass Säuglinge und Kleinkinder ein geringeres Gehörgangsvolumen als Erwachsene haben und dass dies unbedingt bei der Berechnung der Verstärkungsleistung von Hörgeräten bei der kindlichen Hörgeräteversorgung zu berücksichtigen sei. Auch Kruger und Ruben haben Ende der 80er Jahre berichtet, dass das Gehörgangsvolumen beim Neugeborenen zwei bis dreimal niedriger liegen kann als im Mittel beim Erwachsenen. Feigin und Kollegen haben festgestellt, dass die Differenz zwischen den Schalldruckpegeln, die bei Kindern unter fünf Jahren im verschlossenen Gehörgang auftreten und denen, die am Kuppler gemessen werden, die entsprechenden Werte Erwachsener signifikant übersteigen. Der so genannte Kuppler stellt das Standard-Gehörgangsvolumen eines Erwachsenen dar und wird als Messreferenz in der Hörgeräteversorgung genutzt. Insgesamt konnten seit damals eine Reihe von Untersuchungen zeigen (Kruger und Ruben, 1987;  Bohnert et al., 2001; Bohnert und Brantzen 2004; Bagatto et al. 2002), dass die Messwerte, die man am Erwachsenen-Kuppler erhält, keine ausreichenden Informationen über alters- und frequenzspezifische Gehörgangseigenschaften bei Säuglingen und Kleinkindern liefern. Diese Informationen werden jedoch benötigt, um die Verstärkungsleistung eines Hörgerätes zu berechnen. Ein großes Gehörgangsvolumen bedeutet, dass man mehr Verstärkung berechnen muss, da der Schalldruckpegel am Trommelfell sich verringert, ein kleines Gehörgangsvolumen führt jedoch dazu, dass man  weniger Verstärkung berechnen muss, da sich der Schalldruckpegel am Trommelfell erhöht. Wird also das Gehörgangsvolumen eines Kindes nicht exakt bestimmt, sondern nur geschätzt auf Basis eines durchschnittlichen Erwachsenen-Volumens (Kupplermessung), so kann das Hörgerät zu laut oder zu leise eingestellt sein. Sind die Hörgeräte zu laut eingestellt, wird das Kind sie möglicherweise ablehnen und sein Resthörvermögen wäre nicht ausreichend geschützt. Sind die Hörgeräte zu leise eingestellt, können Sprachsignale nicht ausreichend übertragen werden. Eine Anpassung bei Säuglingen und Kindern  allein aufgrund von Erwachsenen-Kupplerwerten ist aus diesem Grunde nicht akzeptabel. Es sollte daher stets die sogenannte RECD-Messung (Real-Ear-to-Coupler-Difference-Messung) eingesetzt werden, welche die individuellen Gegebenheiten des kindlichen Gehörganges und der individuellen Otoplastik beim Anpassvorgang berücksichtigt (Moodie et. al 1994).  Bei der RECD-Messung wird ein kleiner Sondenschlauch in den Gehörgang des Kindes eingeführt.  Zusätzlich wird die individuelle Otoplastik gekoppelt mit einem Einsteckhörer in das Ohr gesetzt. Dann kann gemessen werden. Die Messung selbst dauert nur wenige Sekunden. Die Daten werden in einer Datenbank abgespeichert und können dann, ohne weitere Belastung des Kindes, als Basis für die Hörgeräteeinstellung verwendet werden. BILD 5 Studien konnten zeigen, dass solche Messungen bereits ab dem 2. Lebensmonat zuverlässig durchgeführt werden können. Sollte es bei einem Kind nicht möglich sein, die individuelle Gehörgangsmessung durchzuführen, so stellt das System Mittelwerte für jeden Lebensmonat zur Verfügung. Diese Mittelwerte beruhen auf umfangreichen Gehörgangsmessungen an Kindern ab dem Säuglingsalter.

Anpassalgorithmen

Für die Hörgeräteanpassung müssen frequenzspezifische Daten zur Verfügung gestellt werden. Anhand dieser Daten sollte die Hörgeräte-Einstellung aufgrund von Anpassregeln  erfolgen, die speziell für Kinder entwickelt wurden. Diese Anpassregeln werden auch Anpassalgorithmen genannt. Von den zur Verfügung stehenden Anpassalgorithmen erfüllen die Verfahren DSL[i/o] v 4.1, DSL m[i/o] v 5.0 (Seewald et al, 2005) und NAL-NL1, NL2 diese Anforderungen. In Deutschland wird bei Kindern zumeist das DSL-Verfahren angewendet. Das DSL[i/o]-Verfahren berücksichtigt das Lebensalter des Kindes, den Audiometerwandlertyp (Freifeld, Einsteckhörer, Kopfhörer), die Tonschwelle, die Unbehaglichkeitsschwelle, und das LTASS (mittlere Langzeitsprachspektrum). Die weiterentwickelte DSL m[i/o] v 5.0-Version berücksichtigt zudem die Daten der Elektrischen Reaktions-Audiometrie (ERA), überarbeitete RECD-Normwerte, Schallleitungskomponenten, Mehrkanalkompression, Zielkurven sowohl für leise als auch für laute Hörsituationen und die binaurale, also beidohrige, Anpassung.

Entsprechend den audiometrischen Daten, insbesondere auch der frequenzspezifischen Hörschwelle, erfolgt somit die Voreinstellung der Hörgeräte auf Basis des Anpassalgorithmus.

Die Ergebnisse der Berechnungen aus dem Anpassalgorithmus und die Einstellung der Hörgeräte sollten mittels eines so genannten SPLogram (Sound-Pressure-Level-Output-Diagram)  überprüft werden. BILD 6 Anhand des SPLograms wird der Nachweis einer optimierten Übertragung des mittleren Langzeitsprachspektrums (LTASS) erbracht, das heißt, es werden leise als auch laute Sprachanteile innerhalb des Restdynamikbereiches des schwerhörigen Kindes abgebildet. Eine unzureichende Übertragung z.B. leiser  oder hochfrequenter Sprachanteile ist besonders zu begründen. BILD 7

Nach der Hörgeräte-Erstversorgung beginnt der Prozess der Hörentwicklung. Dieser Prozess ist dynamisch und von vielen Faktoren abhängig. Aus diesem Grunde muss auch die Hörgeräteversorgung ein dynamischer Prozess sein. Zumeist wird dieser Prozess als  entwicklungsbegleitende Anpassung bezeichnet. Damit ist jedoch nicht das sogenannte „Finetuning“ gemeint. Ziel der entwicklungsbegleitenden Anpassung ist es, eine stets optimierte Hörgeräteeinstellung während der gesamten Phase der Hör- und Sprachentwicklung eines Kindes zu gewährleisten. Unter „Finetuning“ versteht man die Optimierung nach dem „First fit“ (Ersteinstellung). Diese Optimierung sollte grundsätzlich erfolgen und ist nicht abhängig vom Verlauf der Entwicklung des Kindes.

Hörgeräte-Auswahl

Bei der Hörgeräte-Auswahl sind verschiedene Anforderungen zu berücksichtigen. Generell sollten digitale HdO-Geräte mit möglichst flexiblen Einstellmöglichkeiten zum Einsatz kommen, um auch komplizierte oder progrediente Schwellenverläufe gut versorgen zu können. Die Hörgeräte sollten klein und robust sein und über eine Batteriesicherung und einen FM-Anschluss (drahtloses Funksystem, s. Kapitel V) verfügen. Zur Kontrolle einer möglichen Rückkopplung sollten nur Rückkopplungsmanager verwendet werden, die gegenphasig arbeiten. Hierbei ist zu beachten, dass nach Aktivierung des Rückkopplungsmanagers stets eine Verstärkungskontrolle durchgeführt werden muss, damit gewährleistet ist, dass die Hörgeräte noch immer über ausreichend Verstärkung verfügen. Multimikrofontechnologie, Störgeräuschunterdrückungsmanager, Multiprogramm-Manager und Lautstärkeregler sollten im ersten Lebensjahr deaktiviert sein. Bislang liegen noch keine ausreichenden Studienergebnisse vor, ab welchem Lebensalter adaptive Richtmikrofone sinnvoll eingesetzt werden können. Es gibt jedoch verschiedene Arbeitsgruppen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen.

Erfolgskontrolle

Zum Abschluss der Hörgeräte-Anpassung muss ein SPLogram mit dem Nachweis einer optimierten Übertragung des mittleren Langzeitssprachspektrums in den Restdynamikbereich des Kindes vorliegen. Es muss sichergestellt werden, dass auch leise Sprachanteile oder hochfrequente Bereiche ausreichend übertragen werden. Im Rahmen einer visuell konditionierten Beobachtungs- bzw. Ablenkaudiometrie wird die Aufblähkurve (ABK) erstellt. Sie kann als Toleranztest eingesetzt werden und dient zur Plausibilitätskontrolle. Dabei werden Verhaltensänderungen des Kindes, wie z.B. Zuwendungsreaktionen der Augen oder des Kopfes zur Schallquelle, Änderungen der Mimik, Gestik oder der Atmung sowie Aktivitätsänderungen als Antwort auf akustische Reize im Freifeld sowie über Knochenleitungshörer geprüft. Unverzichtbar sind eine strukturierte Befragung der Eltern und der Einsatz von Beobachtungsbögen sowohl für die Eltern als auch für die Frühförder-Pädagogen.

Innerhalb des ersten Lebensjahres sind folgende Bereiche ständig zu kontrollieren:

Regelmäßige Überprüfung aller diagnostischen Daten

Regelmäßige Überprüfung der RECD-Daten (Wachstum / Mittelohr-Verhältnisse)

Regelmäßige Überprüfung der Hörgeräteeinstellung

Regelmäßige „Frühe Hör- /Sprachförderung“

Regelmäßiger Sprachstatus

Sofort nach Bestätigung der Verdachtsdiagnose muss eine Meldung an die zuständige Frühförderstelle erfolgen, so dass eine regelmäßige Hör-Sprachförderung stattfinden kann. Während der Hörgeräte-Versorgung sind Eltern über Bedienung, Pflege, Zubehör-Artikel und technische Zusatzgeräte zu informieren. Spätestens mit Abschluss der Hörgeräte-Verordnung ist den Eltern ein „Hörgeräte-Pass“ auszuhändigen.

Kontrollfragen

1. Wodurch wird das rückkopplungsfreie Tragen eines Hörgerätes erschwert?

fehlende Kopfkontrolle und / oder schlecht sitzende Otoplastiken
fehlende Kopfkontrolle
schlecht sitzende Otoplastiken
Lösung: a

2. Warum ist es wichtig, das Gehörgangsvolumen eines Kindes zu messen?

damit es zu keiner Überversorgung bzw. Unterversorgung kommt
damit es zu keiner Überversorgung kommt
damit es zu keiner Unterversorgung kommt
Lösung: a

3. Wie sollte ein Hörgerät für Säuglinge und Kleinkinder beschaffen sein?

möglichst groß, damit das Sprachsignal gut übertragen wird
möglichst groß, robust, mit Batteriefachsicherung und flexiblen Einstellmöglichkeiten
klein, robust, mit Batteriefachsicherung und flexiblen Einstellmöglichkeiten
klein, robust, mit flexiblen Einstellmöglichkeiten
Lösung: c

Kapitel II – Handhabung der Hörgeräte

Lernziel

In dem vorangegangenen Kapitel haben Sie einen Einblick über die Besonderheiten der Hörgeräteversorgung im Säuglings- und Kleinkindalter bekommen. In diesem Kapitel soll es nun  darum gehen, wie Sie selbst überprüfen können, ob ein Hörgerät funktionstüchtig ist, wie Sie es einem Kind aufsetzen können, falls es mal heraus gefallen ist bzw. was Sie tun können, wenn ein Hörgerät pfeift, blinkt oder das Kind plötzlich nicht mehr auf  Ansprache reagiert. Sie bekommen also Tipps für den alltäglichen Umgang mit einem Kind, das Hörgeräte trägt.

Überprüfung der Funktionstüchtigkeit

Alle Hörgeräte benötigen zur Stromversorgung Batterien, damit sie mit ausreichend Strom versorgt sind. Bei den Batterien für Hörgeräte handelt es sich zumeist um Zink-Luft-Batterien. Die früher verwendeten Quecksilber-Batterien sind nicht mehr gebräuchlich, weil sie wegen ihres Schwermetall-Anteils die Umwelt stark belasten. Auch Zink-Luft-Batterien enthalten giftige Stoffe. Sie sind nicht so gefährlich wie Quecksilber-Batterien, es ist jedoch trotzdem unbedingt darauf zu achten, dass das Kind nicht versehentlich eine Batterie verschluckt. Zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit können Sie das Hörgerät in die hohle Hand legen und einschalten. Es sollte dann pfeifen, weil der vom Hörgerät verstärkte Schall wieder in das Mikrofon des Hörgerätes gelangt und ihn wieder verstärkt. Pfeift es nicht, muss der Fehler gesucht werden. Sowohl die Schläuche, als auch die Otoplastiken müssen regelmäßig kontrolliert werden, da sich im Schlauch Schwitzwasser bilden kann bzw. Ohrschmalz die Otoplastik  verstopfen kann.

Die Funktionstüchtigkeit der Hörgeräte und der Otoplastik muss täglich überprüft werden.

Beim Aufsetzen der Hörgeräte ist darauf zu achten, dass die Seiten nicht verwechselt werden. In der Regel sind Hörgeräte individuell für das rechte bzw. linke Ohr eingestellt. Dies ist besonders wichtig, wenn es sich um eine seitendifferente Hörstörung handelt. Die Hörgeräte sollten deshalb markiert sein. Häufig findet man eine rote Markierung für die rechte Seite und eine blaue Markierung für die linke Seite. Da dies individuell auch mal anders sein kann, sollten Sie die Eltern fragen, wie die Hörgeräte ihres Kindes gekennzeichnet sind. Schalten Sie die Hörgeräte erst nach dem Einsetzen ein bzw. schalten Sie die Hörgeräte vor dem Ausziehen aus, damit kein Rückkopplungspfeifen auftritt. So ist es angenehmer für das Kind.

Trouble shooting

Das Hörgerät pfeift nicht, wenn es sich in Ihrer Hand befindet:

Prüfen Sie, ob das Hörgerät eingeschaltet ist
Überprüfen Sie die Leistung der Batterie
Überprüfen Sie, ob die Otoplastik, der Schlauch oder der Winkel verstopft ist
Das Hörgerät pfeift, wenn es im Ohr des Kindes sitzt:

Sollte ein Lautstärkesteller am Gerät sein, so überprüfen Sie, ob er richtig eingestellt ist
Überprüfen Sie den Sitz der Otoplastik. Möglicherweise sitzt sie nicht vollständig im Gehörgang oder es haben sich Haare zwischen Otoplatik und Gehörgang geschoben
Überprüfen Sie, ob der Schallschlauch gut sitzt oder ob er einen Haar-Riss aufweist
Überprüfen Sie das Gehäuse des Gerätes auf Bruchschäden
Möglicherweise ist die Otoplastik zu klein. Das Ohr des Kindes ist gewachsen. In diesem Fall können Sie versuchen, die Otoplastik ein wenig einzucremen (Vaseline oder Babyöl). Das hilft jedoch nur kurzfristig. Es müssen baldmöglichst neue Otoplastiken angefertigt werden.
Das Kind möchte die Hörgeräte nicht mehr tragen oder reagiert schlechter auf Ansprache:

überprüfen Sie  die Energieversorgung
überprüfen Sie, dass es zu keiner Seitenverwechselung der Hörgeräte gekommen ist
überprüfen Sie die Schalterstellungen

Kontrollfragen

1. Warum müssen Schläuche und Otoplastiken regelmäßig überprüft werden?

damit es nicht zu Rückkopplungen oder Verstopfungen kommt
damit sie immer gut sauber sind
damit es nicht zu Verstopfungen kommt
damit es nicht zu Rückkopplungen kommt
Lösung: a

2. Warum dürfen die Hörgeräte nicht verwechselt werden (rechts/links)?

da die Hörgeräte dann immer zu laut sind
da die Hörgeräte dann ständig pfeifen
da die Hörgeräte dann immer zu leise sind
das Kind versteht schlechter, da das eine Hörgerät zu laut bzw. das andere Hörgerät zu leise ist
Lösung: d

3. Welche Energieversorgung wird für Hörgeräte verwendet?

Quecksilber-Batterien
Akkus
Zink-Luft-Batterien
Zink-Luft-Batterien oder Quecksilber-Batterien
Lösung: c

Kapitel III – Besonderheiten bei der Versorgung mit einem Cochlea-Implantat

Lernziel

Die rechtzeitige Diagnose und die frühzeitige Versorgung mit adäquaten Hörgeräten reichen nicht immer aus, um einem schwerhörigen Kind eine gute Sprachentwicklung zu ermöglichen. Kinder, bei denen die Funktion der Haarsinneszellen in der Hörschnecke so stark beeinträchtigt ist, dass Sprache auch mit Hilfe sehr leistungsstarker Hörgeräte nicht ausreichend verstanden werden kann, können mit einem Cochlea-Implantat versorgt werden. Das folgende Kapitel beschreibt die Wirkungsweise eines Cochlea-Implantates und den Unterschied zwischen unilateraler, bilateraler und bimodaler Cochlea-Implantat-Versorgung.

Wirkungsweise eines Cochlea-Implantates

Das Cochlea-Implantat, auch CI genannt, wandelt Schallwellen in elektrische Impulse um und versucht so die Funktion des Trommelfells, der Gehörknöchelchenkette und der Haarsinneszellen zu übernehmen. Das CI besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen, dem implantierbaren Teil und dem von außen sichtbaren Sprachprozessor.  Der implantierbare Teil (Empfängerspule mit Elektrode) wir während einer Operation in Vollnarkose dem Patienten eingesetzt. Über einen Hautschnitt hinter dem Ohr wird das Implantat unter der Haut auf dem Schädelknochen platziert und fixiert. Die Implantat-Elektrode wird in die Hörschnecke eingeführt. Beim Einlegen der Elektrode werden Veränderungen, die während des Wachstums auftreten können, berücksichtigt. Der Hautschnitt hinter dem Ohr wird verschlossen und es bleibt in der Regel eine kleine Narbe. Der äußere Teil des CI besteht aus dem Sprachprozessor mit dem Mikrofon, einem Batterieteil, der Sendespule und dem Verbindungskabel. Der Sprachprozessor wird, ähnlich wie ein Hörgerät, hinter dem Ohr getragen. Je nach Hersteller und Lebensalter des Patienten werden verschiede Tragevarianten angeboten. Mit Hilfe eines Magneten wird genau über der implantierten Empfängerspule die äußere Sendespule auf der Haut hinter dem Ohr festgehalten. Die mit dem Mikrofon empfangenen Signale werden im Sprachprozessor mittels Computerchip so umgewandelt, dass sie als elektrische Impulse von der Sendespule drahtlos durch die Haut auf die Empfängerspule übertragen werden können. Von der Empfängerspule werden diese elektrischen Signale an die Elektrode in der Cochlea weitergeleitet und gelangen von dort an den Hörnerv. Diese elektrische Reizung des Hörnervs erzeugt im Gehirn einen Höreindruck. Der äußere Teil des CI muss beim Duschen und Schwimmen abgenommen werden. Der Sprachprozessor kann im Falle eines technischen Defektes jederzeit ausgewechselt werden. Bei einem Funktionsausfall am Implantat kann ein Implantatwechsel nur operativ vorgenommen werden. Die Energieversorgung des Implantates erfolgt von außen über den Sprachprozessor.

Indikation

Das CI kommt dann in Frage, wenn die Funktion der Haarsinneszellen in der Hörschnecke so stark beeinträchtigt ist, dass Sprache auch mit Hilfe sehr leistungsstarker Hörgeräte nicht mehr verstanden bzw. erlernt werden kann. In der Regel erfolgt bei Säuglingen und Kleinkindern nach diagnostizierter Schwerhörigkeit zunächst über mehrere Monate eine Hörgeräteerprobungsphase. Wenn es bis dahin mit Hörgeräten nicht zu einem ausreichenden Hörgewinn und einer entsprechenden Sprachentwicklung kommt, kann – nach Abschluss der notwendigen Diagnostik – ein  CI eingesetzt werden. Einzige Ausnahme ist die Ertaubung nach Meningitis. Hier ist rasches Handeln geboten, denn in Einzelfällen kann es zu einer Obliteration (Verknöcherung) der Cochlea kommen. Bei einer späteren Implantation kann dann die Elektrode möglicherweise nicht mehr in der Cochlea platziert werden.  Voraussetzung für eine Implantation ist eine normale Struktur der Hörschnecke und die Funktionstüchtigkeit des Hörnervs. Das bedeutet, dass vor der Implantation eine umfangreiche Diagnostik mit Messungen am Hörorgan durchgeführt werden muss. Zusätzlich sind bildgebende Verfahren wie ein CT und ein MRT erforderlich. Da bei solchen Untersuchungen das Kind vollkommen ruhig liegen muss, ist zumeist die Gabe eines Sedierungsmittels (leichtes Schlafmittel) notwendig. Erst nach der Durchführung all dieser Untersuchungen, nach Rücksprache mit der pädaudiologischen Frühförderstelle, ggf. dem Kindergarten und ausführlicher Beratung und Aufklärung der Eltern, sollte gemeinsam eine Entscheidung über eine OP getroffen werden. Bei einer solchen Entscheidung sollte stets, genau wie bei der Hörgeräteversorgung, die Gesamtentwicklung des schwerhörigen Kindes und seine familiäre Situation betrachtet werden. Der Entscheidungsprozess und die anschließende Rehabilitation sind daher  als eine multidisziplinäre Aufgabe anzusehen und erfordern eine enge Kooperation aller beteiligten Fachdisziplinen.

Unilaterale / Bilaterale Versorgung

Dank des Neugeborenen-Hörscreenings und guter differentialdiagnostischer Möglichkeiten können Kinder heute bereits innerhalb des ersten Lebensjahres beidseits mit Hörgeräten versorgt werden. Setzt die gewünschte Sprachentwicklung trotz früher Hörgeräteversorgung nicht ein, kommt es zu einer Versorgung mit einem Cochlea-Implantat. In der Regel wird das Kind dann zunächst nur mit einem Cochlea-Implantat (unilateral) versorgt, im Gegensatz zur Hörgeräteversorgung, die fast immer beidseits, also bilateral, durchgeführt wird. Dies hat verschiedene Gründe. Eltern entscheiden sich häufig zunächst für die unilaterale Versorgung mit CI, da sie erst abwarten wollen, ob die CI-Versorgung erfolgreich verläuft und sich mit entsprechender Förderung der Erfolg bei der Sprachentwicklung einstellt. Viele Eltern möchten ggf. Hörreste auf  dem „zweiten Ohr“ für zukünftige Weiterentwicklungen der Technik erhalten. Die vielfältigen Hörsituationen des Alltags sind oft nur dadurch zu bewältigen, dass der Mensch dank zweier Ohren über die Fähigkeit des binauralen Hörens verfügt. Das bedeutet, Richtungshören, räumliches Hören und Signalquellentrennung sind nur durch das Zusammenspiel beider Ohren möglich. Menschen mit zwei gesunden Ohren können sich im Alltag schnell und eindeutig orientieren, gezielt Geräusche oder Sprache wahrnehmen und auch unter schwierigen akustischen Bedingungen, wie zum Beispiel in halligen Räumen, bei Stimmengewirr im Hintergrund oder bei sehr leisen Höreindrücken die wesentlichen Hörinformationen aufnehmen. Normalhörende Menschen nutzen zum Richtungshören interaurale Zeit- und Pegeldifferenzen sowie Beugungsphänomene und Reflexionen des Schalls an der Ohrmuschel. Das heißt, der Mensch nimmt ein Schallsignal mit beiden Ohren unterschiedlich auf (aufgrund der seitlichen Anordnung am Kopf) und analysiert die geringen Unterschiede zwischen dem rechten und dem linken Ohr in der zentralen Hörverarbeitung (Hörnerv-/bahn, Hörzentrum im Gehirn). Auf der Basis dieses vielschichtigen und komplizierten Vergleichs der Hörunterschiede wird es möglich Schallquellen zu lokalisieren und Sprache vom Hintergrundgeräusch zu trennen. Bei einer einseitigen Cochlea-Implantat- oder Hörgeräte-Versorgung kann das Kind diese Unterschiede nicht wahrnehmen und somit auch nicht für das Richtungshören und das Sprachverstehen in lärmerfüllter Umgebung (Kindergarten, Schule) nutzen. Das Fehlen solcher Fähigkeiten beeinträchtigt in nicht unerheblichem Maß das Konzentrationsvermögen und somit die Leistungsfähigkeit schwerhöriger Kinder und ihre Sicherheit beispielsweise im Straßenverkehr. Ein weiteres Argument für die beidseitige Versorgung mit einem Cochlea-Implantat ist die Erhaltung der Hörfähigkeit der einen Seite, falls die Funktion der 2. Seite zeitweise ausfallen sollte (z.B. Reparatur des Sprachprozessors etc.).

Die bilaterale CI-Versorgung kann sowohl einzeitig (gleichzeitige Implantation beider Ohren) als auch zweizeitig (Implantation beider Ohren mit zeitlichem Abstand) durchgeführt werden. Die Frage, ob eine einzeitige Versorgung der zweizeitigen Versorgung vorzuziehen ist wird von Fachleuten derzeit noch kontrovers diskutiert. Generell hat sich gezeigt, je früher eine apparative Versorgung einsetzt, umso besser wird die sensible Phase der Reifung zentraler Prozesse genutzt. Dies gilt natürlich auch für eine bilaterale CI-Versorgung. Der Förderaufwand wird umso größer, je länger der zeitliche Abstand zwischen den Implantationen ist.  Forschungsergebnisse konnten zeigen, dass auch zweizeitig implantierte Kinder in der Lage sind binaurales Hören zu erlernen. Eine zweizeitige Implantation erscheint nach den vorliegenden Erfahrungen daher nicht zwingend nachteilig zu sein. Eine Prognose, wie gut das hörgestörte Kind später verstehen und sprechen kann, ist zum Zeitpunkt der Implantation nicht möglich. Das CI muss für jede Seite individuell eingestellt werden. In keinem Fall kann die Einstellung des CI-Prozessors der einen Seite genauso für die andere Seite übernommen werden.

Bimodale Versorgung

Kinder, die unilateral mit einem Cochlea-Implantat versorgt wurden und auf dem anderen Ohr noch über ausreichend Restgehör verfügen, können auf dem nicht implantierten Ohr weiterhin ein Hörgerät tragen. Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Vorteile des binauralen Hörens gegenüber dem monauralen Hören ausführlich beschrieben. Die bimodale Versorgung (Cochlea-Implantat Versorgung auf einem Ohr bei gleichzeitiger Hörgeräte-Versorgung auf dem anderen Ohr) ermöglicht somit auch binaurales Hören. Studien konnten zeigen,  dass die bimodale Versorgung der nur unilateralen CI-Versorgung überlegen ist. Trotz unterschiedlicher Höreindrücke (CI und Hörgerät) können Kinder einen Nutzen aus dieser Versorgung ziehen. Das Restgehör des nicht implantierten Ohres kann weiterhin stimuliert werden, so dass bei späterer Implantation die Hörfähigkeit dieses Ohres für das Implantat besser aktiviert und genutzt werden kann.

Bei der bimodalen Versorgung muss der Einstellung des Hörgerätes die gleiche Bedeutung zu kommen wie der Einstellung des Cochlea-Implantates. Beide Geräte müssen möglichst gut aufeinander abgestimmt werden, damit das Kind mit beiden Geräten nicht schlechter hört bzw. versteht als mit einem Gerät. Dies gestaltet sich bei Säuglingen und Kleinkindern natürlich schwieriger als bei Erwachsenen. Der Gewinn jedes Gerätes muss zunächst einzeln und dann mit beiden Geräten zusammen mit Hilfe der altersüblichen Testverfahren (s. Kapitel I) überprüft werden. Dies bedeutet für die Kinder 3-mal solange Testzeiten und damit 3-mal solange Beanspruchung der in diesem Lebensalter noch geringen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit. Der Untersucher benötigt hier größtmögliche Erfahrung.

Natürlich gilt dies gleichermaßen für die bilaterale CI-Versorgung. Sicherlich ist aber die bilaterale CI-Versorgung der bimodalen Versorgung in vielen Fällen überlegen.

Kontrollfragen

1. Was bedeutet bimodale Versorgung?

a.       beidseitige Cochlea-Imlantat-Versorgung

b.      einseitige Cochlea-Implantat-Versorgung

c.       Cochlea-Implantat-Versorgung auf einer Seite, bei gleichzeitiger Versorgung mit einem Hörgerät auf der anderen Seite

d.      Beidseitige Hörgeräteversorgung

Lösung: c

2. Was sind die Bestandteile des implantierten Teils eines Cochlea-Implantat-Systems?

a.       Empfängerspule mit Elektrode

b.      Empfängerspule und Sprachprozessor

c.       Sprachprozessor und Mikrofon

Lösung: a

3. Was sind die äußeren Bestandteile eines Cochlea-Implantates?

a.       Empfängerspule

b.      Sprachprozessor mit Mikrofon, Batterieteil, Sendespule und Verbindungskabel

c.       Empfängerspule mit Elektrode

d.      Sendespule mit Mikrofon, Batterieteil und Verbindungskabel

Lösung: b

4. Was ist der Unterschied zwischen bimodaler und bilateraler Cochlea-Implantat- Versorgung?

a.       bei der bimodalen Versorgung trägt das Kind ein Hörgerät auf der einen Seite und ein Cochlea-Implantat auf der anderen Seite ein Hörgerät – bei der bilateralen Versorgung trägt das Kind zwei Cochlea-Implantate

b.      bei der bilateralen Versorgung trägt das Kind ein Hörgerät auf der einen Seite und ein Cochlea-Implantat auf der anderen Seite – bei der bimodalen Versorgung trägt das Kind zwei Cochlea-Implantate

c.       bei der bimodalen Versorgung trägt das Kind nur ein Cochlea-Implantat – bei der bilateralen Versorgung trägt das Kind zwei Cochlea-Implantate

Lösung: a

 Kapitel IV – Handhabung des Cochlea-Implantats

Lernziel

In Kapitel III haben Sie einen Einblick über die Besonderheiten der CI-Versorgung im Säuglings- und Kleinkindalter bekommen. In Kapitel IV soll es nun, ähnlich wie in Kapitel II,  darum gehen, wie Sie selbst überprüfen können, ob ein Cochlea-Implantat-System funktionstüchtig ist, wie Sie einem Kind den Sprachprozessor aufsetzen können bzw. was Sie tun können, wenn ein CI blinkt oder das Kind plötzlich nicht mehr auf  Ansprache reagiert.

Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Cochlea-Implantat-Systems

Genau wie das Hörgerät benötigt das CI-System eine Energieversorgung. Im Gegensatz zum Hörgerät sollten hier nicht gewöhnliche Zink-Luft-Batterien zum Einsatz kommen sondern speziell für das CI-System vom Hersteller empfohlene Batterien. Je nach Hersteller und je nach Tragedauer des Sprachprozessors wird die Betriebsdauer unterschiedlich lange angegeben. In der Regel liegt sie aber bei ca. 3-5 Tagen.

Auch hierbei ist, genau wie bei den Hörgeräten, unbedingt darauf zu achten, dass das Kind nicht versehentlich eine Batterie verschluckt.

Zur besseren Halterung des Sprachprozessors am Ohr des Kindes kann, genau wie beim Hörgerät, eine Otoplastik verwendet werden. Die Otoplastik sollte aus hygienischen Gründen ebenso regelmäßig gereinigt werden wie beim Hörgerät. Anders als beim Hörgerät kann es beim CI zu keinem Rückkopplungspfeifen kommen. Die Verstopfung der Otoplastik oder des Schlauches durch Ohrschmalz bzw. Schwitzwasser hat hier keine Auswirkung auf die Hörfähigkeit.

Sollte ein Kind bilateral mit CI versorgt sein, dann ist darauf zu achten, dass die Seiten nicht verwechselt werden. Cochlea-Implantate sind stets individuell für das rechte bzw. linke Ohr eingestellt. Es sollten deshalb auf keinen Fall die Seiten vertauscht werden. Es gibt CI-Systeme, die über eine automatische Kennung verfügen und somit bei Verwechslung der Seiten keine Stimulationspulse abgeben. Da dies aber nicht bei allen CI-Systemen der Fall ist, sollten die Eltern, genau wie beim Hörgerät, auf eine Markierung achten. Ein CI-Sprachprozessor muss vor Feuchtigkeit, grober Verschmutzung, Stößen und Schlägen geschützt werden. Bei einem CI kann die elektrostatische Aufladung eine Rolle spielen. Der Sprachprozessor sollte deshalb nach dem Spielen im Bällchenbad, auf Plastikrutschbahnen oder im Kunststoffkriechtunnel überprüft werden bzw. vorsichtshalber vorher abgelegt werden.

Die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Sprachprozessors erfolgt bei den verschiedenen CI-Systemen in unterschiedlicher Weise. Beachten Sie immer die entsprechenden Informationen der Hersteller und lassen Sie sich von den Eltern ggf. die Schalterstellungen erklären.

Trouble shooting

Überprüfen Sie zuerst immer die Energieversorgung. Vergewissern Sie sich, dass funktionsfähige Batterien zum Einsatz kommen bzw. die Akkus voll geladen sind. Weitere Schritte zur Überprüfung der System-Funktionsfähigkeit sind, je nach Hersteller, sehr unterschiedlich. Herstellerspezifische Hinweise finden Sie zu jedem CI-System-Typ auf entsprechenden Informationsblättern, die Sie von dem jeweiligen CI-System Hersteller anfordern können bzw. die Ihnen die Eltern aushändigen können.

Das Kind reagiert nicht auf Ansprache:

Überprüfen Sie die Energieversorgung
Überprüfen Sie die Schalterstellungen
Überprüfen Sie die Kabelverbindungen
Überprüfen Sie bei bilateraler Versorgung die Seiten (ggf. vertauscht)
Die Spule fällt ständig herunter:

·         Die Eltern sollten darüber informiert werden

·         Es kann möglicherweise ein stärkerer Magnet eingesetzt werden

(nur nach Rücksprache mit der Klinik)

Die Leuchtdiode (LED) des Sprachprozessors blinkt:

Prüfen Sie die Energieversorgung
Blink-Rhythmus und Bedeutung sehr herstellerspezifisch, daher unbedingt das Hersteller-Infoblatt beachten und / oder die Eltern befragen!

Kontrollfragen

1. Wie kann die Funktion des Sprachprozessors überprüft werden?

mit einem speziellen für CI-Systeme geeigneten Testtool
Energieversorgung überprüfen
Kabelverbindungen überprüfen
Energieversorgung, Kabelverbindungen überprüfen und das herstellerspezifische Informationsblatt beachten
Lösung: d

2. Welche Energieversorgung wird beim Cochlea-Implantat-System verwendet?

für CI-Systeme geeignete Zink-Luft-Batterien
für CI-Systeme geeignete und vom Hersteller empfohlene Batterien
alle Zink-Luft-Batterien sind geeignet
für CI-Systeme geeignete Quecksilber-Batteiren
Lösung: b

3. Wozu dient die Otoplastik beim CI-System?

damit es zu keiner Rückkopplung während der Signalübertragung kommt
zur besseren Signalübertragung
zur besseren Halterung des Sprachprozessors am Ohr
Lösung: c

Kapitel V – FM-Anlagen

Lernziel

Der Weg zur guten Hör- und Sprachentwicklung eines schwerhörigen Kindes beginnt mit der rechtzeitigen Diagnose, der frühen Versorgung mit Hörgeräten und/oder Cochlea- Implantaten und der frühen Hör- und Sprachförderung. Und doch vermögen selbst Hörgeräte oder Cochlea-Implantate, die korrekt auf die individuellen Bedürfnisse eines Kindes abgestimmt sind, nicht in allen Situationen gutes Hören bzw. gutes Verstehen zu gewährleisten. Dann kann der Einsatz von drahtlosen Funk-Anlagen, auch FM-Anlagen genannt, hilfreich sein. Das folgende Kapitel beschreibt, was man unter FM-Anlagen versteht, welche unterschiedlichen Anlagen es gibt, wann und in welchen Situationen sie zum Einsatz kommen sollten und wie man sie benutzen kann.

Was ist eine FM-Anlage

Eine FM-Anlage ist eine drahtlose Übertragungsanlage, die auf der Basis der Frequenzmodulationen arbeitet. FM-Anlagen umfassen ein Mikrofon mit Sender, das durch die Erzieherin oder die Lehrerin getragen wird und Empfänger, die vom Kind getragen werden. Diese Empfänger sind an die Hörgeräte oder Cochlea-Implantate des Kindes angekoppelt bzw. darin integriert. Der FM-Sender verstärkt und moduliert das akustische Signal und sendet es mittels Radiowellen an den FM-Empfänger. Der FM-Empfänger  demoduliert das Signal und überträgt es an das Hörgerät oder das CI. Sprachsignale werden somit direkt an der Quelle aufgenommen und klar und störungsfrei direkt in das Ohr des Kindes übermittelt. FM-Anlagen stehen, genau wie Hörgeräte oder Cochlea-Implantate, von verschiedenen Herstellern zur Verfügung.

Es gibt unterschiedliche Arten von Sendern und Empfängern. Manche Sender verfügen über ein externes Mikrofon. Die Empfänger lassen sich leicht an ein Hörgerät anschließen. Je nachdem welchen Hörgeräte-Typ das Kind benutzt, ist der Empfänger entweder im Hörgerät integriert oder es wird ein so genannter Audioschuh auf das Hörgerät gesteckt der wiederum mit dem Empfänger gekoppelt ist. Vereinzelt gibt es auch Hörgeräte, bei denen die Batterielade geöffnet werden muss damit der Audioschuh aufgesteckt werden kann.

Indikation

Mit Hilfe einer FM-Anlage wird die Grundlage für eine bessere Sprachverständlichkeit geschaffen, unabhängig von der akustischen Umgebung. Manchmal kann die Sprachverständlichkeit stark durch Störgeräusche  oder die Raumakustik beeinträchtigt werden (Krabbelgruppen, Kinderhort, Kindergarten etc.) In einem Raum, in dem viele Kinder gleichzeitig spielen oder sprechen, kann es für ein schwerhöriges Kind bisweilen unmöglich sein, die Hintergrundgeräusche herauszufiltern. Distanz und Nachhall reduzieren die Sprachverständlichkeit ebenfalls. Der beste Weg, solche schwierigen Situationen zu überwinden, ist der Einsatz einer FM-Anlage. Die FM-Anlage sollte nicht dauerhaft eingesetzt werden. Sinnvoll ist sie beispielsweise im Stuhlkreis, wenn das schwerhörige Kind nicht unmittelbar neben der Erzieherin sitzt, sowie bei sonstigen Gruppenveranstaltungen mit nur einem Sprecher. Bei Gesprächen über kurze Distanzen und in ruhiger Umgebung ist der Einsatz einer FM-Anlage nicht erforderlich. Die Frage, ab welchem Lebensalter eine FM-Anlage zum Einsatz kommen soll, wird zum Teil kontrovers diskutiert. In jedem Falle ist zu raten, dass sowohl das Kind, als auch die Familie zunächst mit dem Hörgerät und/oder dem CI vertraut sein sollten. Im Übrigen gilt auch hier der Ansatz der Interdisziplinarität. Die hörgeschädigtenspezifische Frühförderung, auch pädoaudiologische Frühförderung genannt, sieht das Kind und seine jeweiligen Bezugspersonen regelmäßig in seiner häuslichen Umgebung. Deshalb ist der Einsatz einer FM-Anlage erst  nach Rücksprache mit der Frühförderin oder dem Frühförderer zu empfehlen.

Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der FM-Anlage

Der Sender der FM-Anlage benötigt im Gegensatz zum Empfänger eine eigene Batterie bzw. einen eigenen Akku. Der Empfänger wird über die Batterie des Hörgerätes bzw. des CI-Sprachprozessors versorgt. Achten Sie vor der Inbetriebnahme darauf, dass die Batterien über ausreichend Kapazität verfügen bzw. der Akku aufgeladen ist. Vor jedem Einsatz muss die korrekte Schalterstellung am Empfänger (Hörgerät des Kindes) und am Sender überprüft werden. Sind beispielsweise nur die Empfänger eingeschaltet, der Sender jedoch nicht, so wird nur ein Rauschen übertragen. Das Kind befindet sich dann anstelle in einer akustisch besseren in einer akustisch erheblich schlechteren Situation. Wichtig ist, dass das Sendemikrofon ca. 20 cm vor dem Mund der Erzieherin positioniert wird. Es muss darauf geachtet werden, dass keine Reibegeräusche (z.B. durch Kleidung oder Schmuck) übertragen werden. Lassen Sie sich von den Eltern oder dem pädoaudiologischen Frühförderer die korrekte Handhabung der Geräte erklären. Informieren Sie umgehend die Eltern oder die pädoaudiologische Frühförderung über Unregelmäßigkeiten bezüglich Hörgerät, CI oder FM-Anlage.

Trouble shooting

Grundsätzlich sollte vor dem Einsatz der FM-Anlage eine Überprüfung der Energieversorgung stattfinden. Überprüfen Sie also unbedingt die Akkuleistung des Senders und laden Sie ihn regelmäßig auf. Er sollte in jedem Fall einen ganzen Vormittag (Kindergartenzeit, Unterricht) abdecken.

Funktionsprobleme Hörgerät und FM-Anlage:

·         Überprüfen Sie die Energieversorgung

·         Überprüfen Sie alle Sender- und Empfängereinstellungen

·         Überprüfen Sie die Adapterverbindungen

·         Überprüfen Sie, dass keine anderen elektronischen Geräte stören

Funktionsprobleme Cochlea-Implantat und FM-Anlage:

·         Überprüfen Sie die Energieversorgung

·         Überprüfen Sie alle Sender- und Empfängereinstellungen

·         Überprüfen Sie die Adapter und Kabelverbindungen

·         Überprüfen Sie, dass keine anderen elektronischen Geräte stören

Bei einer Funktionskontrolle ist zu empfehlen, dass die Überprüfung der Signalübertragung nicht innerhalb desselben Raumes mit dem Kind erfolgt. Das heißt, schicken Sie das Kind kurz vor die Tür und führen Sie dann eine kleine Testphase durch. Versteht das Kind Sie, auch wenn es draußen vor der Tür steht, dann ist die Anlage in Ordnung. Sollten Sie mehrere Kinder mit einer eigenen FM-Anlage  in Ihrer Gruppe haben, so besteht die Gefahr der „Frequenzüberschneidung“. In einem solchen Fall sollte ein so genannter „Frequenzplan“ erstellt werden, damit sichergestellt ist, dass nicht zwei  Kinder die gleiche Frequenz benutzen. Informieren Sie sich diesbezüglich auch in den Unterlagen des FM-Herstellers. Sollte das Kind über ein Krachen oder Kratzen klagen, so muss daran gedacht werden, dass möglicherweise ein Kabelbruch am Mikrofon des Senders entstanden ist.

Kontrollfragen

1. In welcher Situation ist der Einsatz einer FM-Anlage sinnvoll?

a.       in ruhiger Spielsituation

b.      in ruhiger Therapiesituation

c.       im Stuhlkreis und in Gruppensituationen mit nur einem Sprecher

Lösung. c

2. Ab welchem Lebensalter sollte eine FM-Anlage zum Einsatz kommen?

a.       eine FM-Anlage sollte gleichzeitig mit dem CI oder dem HG gegeben werden

b.      ab Schulter

c.       ab Kindergartenalter

d.      nach Rücksprache mit der hörgeschädigtenspezifischen Frühförderung

Lösung: d

3. Welchen Grund kann es haben, dass ein Kind über Krachen oder Kratzen in der Anlage klagt?

a.       Kabelbruch am Mikrofon des Senders

b.      falsche Schalterposition am Hörgerät oder CI

c.       Batterie bzw. Akku leer

Lösung: a

Abbildungen mit Unterschriften

Bild 1: Erwachsener Gehörgang und kindlicher Gehörgang

Bild 2: Otoplastik eines zwei Monate alten Kindes

Bild 3: „Müller- Kralle“

Bild 4: „Müller-Kralle“ im Ohr des Kindes

Bild 5: RECD-Messung an einem drei Monate alten Kind mit Trisomie 21

Bild 6: SPLogram

Bild 7: SPLogram mit Hörgerätemessung

 Literatur

·         Bohnert A, Brantzen P (2004): RECD and clinical verification in children, The Hearing Review 11(5), 50-52

·         Moodie S, Seewald R C, Sinclair S (1994): Procedure for predicting real-ear hearing aid performance in young children, American Journal of Audiology 3, 23-31

·         Müller J (2005): Die apparative Versorgung der Schwerhörigkeit: Cochlea-Implantate und Hirnstammimplantate – Aktuelle Entwicklungen der letzten 10 Jahre, Laryngo-Rhino-Otol 2005;84: S60-S96

·         Seewald R C, Moodie S, Scollie S, Bagatto M (2005): The DSL Method for Pediatric Hearing Instrument Fitting: Historical Perspective and Current Issues, Trends in Amplification, Vol 9 (4), 145-157

·         Wiesner T, Bohnert A, Massinger C (2007): Konsensuspapier der DGPP zur Hörgeräteversorgung im Kindesalter, Version 3. htpp//www.dgpp.de

·         Yoshinaga-Itano C (2001): The Social-Emotional Ramifications of Universal Newborn Hearing Screening, Early Identification and Intervention of Children who are Deaf or Hard of Hearing, Proceedings of the Second International Conference A Sound Foundation Through Early Amplification 221-231

 

 


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